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Teilhabe und Selbstbestimmung der Betroffenen sicherstellen

Handlungsempfehlungen

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Lebensräume sind so zu gestalten, dass es allen Menschen ermöglicht wird, am sozialen Leben teilzunehmen und ihre Rechte wahrzunehmen.

Dazu ist es zunächst notwendig, Bewusstsein in allen Bereichen der Gesellschaft zu schaffen, um Lebensqualität und Ressourcenorientierung zu erreichen und die Bevölkerung für ein achtsames Miteinander zu sensibilisieren.

Auf kommunaler Ebene bzw. Gemeindeebene sind Maßnahmen zur Sensibilisierung und Information zu setzen, die die demenzsensible Gestaltung von Lebensumwelten fördern (z. B. Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen sind aktive Mitglieder von Sport- und Gesangsvereinen; Besuche bei Friseur und in Gaststätten sind selbstverständlich; Kindergärten und Schulen als Orte intergenerationellen Austausches).

Die Gemeinde ist der Ort, an dem Bürgerinnen und Bürger, politische Entscheidungsträger sowie andere vor Ort befindliche gesellschaftliche Akteure ihr Gemeinwesen ein Stück weit neu erfinden müssen: z. B. durch unterstützende Strukturen, Sensibilisierungs- und Aufklärungsarbeit mit gezielten Aktionen und Veranstaltungen, Begegnungsmöglichkeiten im Alltag, Austausch zwischen den Generationen und Professionen, nachbarschaftlicher Hilfe und bürgerschaftlichem Engagement.

Nationale Informationskampagne, aber auch zielgruppenspezifische Informationen unterstützen diese Sensibilisierungsbestrebungen (siehe Handlungsempfehlungen 2b, 2c).

Zielgruppen

  • Die gesamte Bevölkerung sowie spezifische Zielgruppen im Lebensumfeld der betroffenen Menschen

 Ebenen der Umsetzung

  • Gemeinde, Gemeindenetzwerke
  • Landesebene (Gesundheit, Soziales sowie Sozialversicherung)
  • Zuständige Ministerien
  • Berufliche und politische Interessenvertretungen
  • Selbsthilfegruppen

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Die Wohnumgebung – sowohl im institutionellen (d. h. im Bereich der Pflegeheime und Wohngruppen) als auch im häuslichen Bereich - spielt für betroffene Menschen im gesamten Verlauf der Demenzerkrankung eine wichtige Rolle.

Ziel ist die bedarfsgerechte Gestaltung der Lebenssituation durch Inklusion der Betroffenen und ihrer An- und Zugehörigen.

Das kommunale Umfeld demenzsensibel zu gestalten, bedeutet (in Dorf/Gemeinde, im Stadtteil) Möglichkeiten schaffen, um das Wohlbefinden der Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen zu steigern. Mobilität und Aktivität sind zentrale Gesundheitsfaktoren für die Betroffenen. Der Verbleib in der eigenen Wohnung und in der vertrauten Wohnumgebung hat positive kognitive, körperliche und emotionale Effekte. Aktivitäten im Außenbereich steigern die Selbstachtung und Unabhängigkeit von Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen; dies trifft auch für den institutionellen Bereich zu. Ein demenzsensibles Umfeld erfasst weite Teile einer Gemeinschaft: überschaubare Fußwege, abgeschrägte Gehsteige, sichtbare Orientierungspunkte wie Kirchen, Bäckerei, Post. Inklusion ist mit einer Vielzahl von sozialen Aspekten verbunden, es gilt, die ganze Gesellschaft zu sensibilisieren, da eine demenzfreundliche Umgebung für alle angenehm ist.

Die Entwicklung von Checklisten, die konkretisieren, wie Wohnumgebung (sei es zu Hause oder im institutionellen Bereich) demenzsensibel gestaltet werden kann, aber auch Informations-/Schulungsveranstaltungen für Bürgermeister/innen und Gemeinderäte/Gemeinderätinnen (z. B. im Rahmen der FGÖ-Bürgermeisterseminare) bzw. für Betreiber/innen von Pflegeheimen und Wohngruppen sollen diese Entwicklung unterstützen.

Mit Strukturen, die mehr soziale Teilhabe in den Gemeinden ermöglichen, verbessert sich die Partizipation. Dies betrifft Aspekte der Raum-, Verkehrs- und Mobilitätsplanung, barrierearmen öffentlichen Wohnbau, das Etablieren bzw. Unterstützen von demenzsensiblen Einrichtungen und Betrieben wie Gemeindeamt, Apotheken etc.

Technologien, die die Autonomie der Betroffenen unterstützen, sollen entsprechend angeboten und weiterentwickelt werden. 

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Selbstbestimmung von Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen zu ermöglichen und zu unterstützen, bedeutet auch, ihnen zuzuhören, sie damit zu stärken und ihnen Raum und Zeit zu verschaffen, ihre eigenen Wünsche zu formulieren.

Dies kann unter anderem mit einer angemessenen vorausschauenden Betreuungsplanung (Advance Care Planning) erreicht werden. Advance Care Planning meint einen Kommunikationsprozess zwischen Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen und ihrem Betreuungsteam in Gang zu setzen, in dem Sorgen, Wünsche, Wertvorstellungen und Präferenzen für zukünftige Betreuung und Pflege diskutiert und geplant werden, und zwar für eine Zeit, in der der betroffene Mensch nicht mehr in der Lage sein wird, eigene Entscheidungen zu treffen. Advance Care Planning bedeutet Zusammenarbeit mit An- und Zugehörigen und wichtigen Bezugspersonen und professionellen Versorgungsangeboten. Nötig ist dabei, Entscheidungen den beteiligten Bereichen/Institutionen mitzuteilen und Wünsche wie Vorstellungen zu dokumentieren.

Geeignete Rahmenbedingungen sind zentrale Voraussetzung und umfassen auch ausreichenden Rechtsschutz. Um die Selbstbestimmung von Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen zu unterstützen, sind bestehende Modelle der rechtlichen Vertretung (Sachwalterschaft) weiter zu entwickeln bzw. zu vereinfachen. Instrumente vorausschauender Planung wie Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, unterstützte Entscheidungsfindung müssen leistbar sein. Beschwerdestellen sind zu etablieren.

Zielgruppen

  • Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen, An- und Zugehörige

Ebenen der Umsetzung

  • Bundesebene (z. B. für rechtliche Aspekte)
  • Landesebene (Gesundheit, Soziales sowie Sozialversicherung)
  • Gemeindeebene
  • Selbsthilfegruppen 
  • Anbieter/innen von Gesundheitsdienstleistungen und sozialen Dienstleistungen
  • Patientenanwaltschaft

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Forschungsergebnisse können deutlich machen, was Lebensqualität ausmacht und wie sie beeinflusst wird.

Demenzorientierte Forschung, die die besondere Situation von Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen und von deren An- und Zugehörigen in forschungsethischen Praktiken berücksichtigt, soll verstärkt gefördert werden (siehe dazu auch Wirkungsziel 7). Im Sinne der Lebensqualität von Betroffenen ist „demenzsensible Forschungskultur“ notwendig.

Voraussetzung ist, in der Forschungscommunity dafür Verständnis zu erzeugen und Handlungsempfehlungen und Richtlinien für Forschungseinrichtungen, aber auch für fördergebende Institutionen und Ethikkommissionen umzusetzen. In diesen Prozess sind Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen und ihre An- und Zugehörigen bzw. Vertreter/innen aus Interessenverbänden mit angemessenen Methoden aktiv einzubeziehen.

Zielgruppen

  • Forschungs- und Bildungseinrichtungen
  • Fördergebende Institute
  • Ethikkommissionen
  • Menschen mit demenziellen Beeinträchtigungen und ihre An- und Zugehörigen

Ebenen der Umsetzung

  • Forschungseinrichtungen
  • Bildungseinrichtungen
  • Fördergebende Einrichtungen